Wann ergibt eine Selbstanzeige Sinn?
Ob eine Selbstanzeige in Ihrem Falle Sinn ergibt, kann eine sehr komplexe Frage sein. Um diese Frage im Ansatz beantworten zu können, müssen verschiedene Aspekte betrachtet werden. Die Beurteilung kann an besten anhand von verschiedenen Fallgruppen vorgenommen werden.
1. Situation: Mandant ist bereits zur Selbstanzeige entschlossen
Die strafbefreiende Selbstanzeige ist eine Besonderheit, welche es nur im Steuerrecht gibt. Durch dieses Instrument bietet einem der Gesetzgeber die Rückkehr in die Legalität an. Viele Mandanten kommen zur Kanzlei Dierkes und sagen, dass diese nachts nicht mehr in Ruhe schlafen können und daher mit dem Finanzamt „reinen Tisch“ machen wollen. Diese sind dann für deren Seelenfrieden bereit, auch die Steuern an das Finanzamt nachzuzahlen, inklusive Zinsen und ggf. Strafzuschlägen. Wenn man sich schon entschlossen hat, diese strafbefreiende Selbstanzeige abzugeben, sollte man diese dann möglichst mit fachkundiger Beraterhilfe abgeben, um sicher zu gehen, dass diese auch den formellen und materiellen Voraussetzungen der Abgabenordnung entspricht. Sind diese Voraussetzungen nämlich nicht erfüllt, dann gibt es keine Strafbefreiung.
Tipp:
Wenn Sie sich schon entschlossen haben, Steuern, Zinsen und ggf. Strafzuschläge an das Finanzamt nachzuzahlen, dann sollten Sie darauf achten, dass Sie dabei dann schließlich auch straffrei ausgehen. Wenn Sie also schon Gelder an das Finanzamt zurückzahlen müssen, planen Sie auch ein Budget für Ihren Steuerstrafverteidiger bzw. Berater für die Selbstanzeige ein. So sind Sie dann auf der sicheren Seite.
2. Formelle und materielle Voraussetzungen einer Selbstanzeige
Es gibt schon viele Artikel im Internet, welche zum Teil sehr gut die formellen und materiellen Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige behandeln. Insoweit erspart sich der Kanzleiinhaber weitere Ausführungen hierzu. Bitte einfach einmal hiernach selbständig googeln.
3. Situation: Mandant ist noch nicht zur Selbstanzeige entschlossen
Nicht erkennbar im Internet behandelt wird jedoch das Thema, ob Sie eine Selbstanzeige beim Finanzamt einreichen sollten oder nicht.
Dazu folgende Hinweise von der Kanzlei Dierkes:
Es besteht keine gesetzliche Pflicht zur Selbstanzeige
Wenn Sie bereits eine Steuerhinterziehung begangen haben, sind Sie nicht verpflichtet, eine Selbstanzeige beim Finanzamt abzugeben. Auch wenn später das Finanzamt Ihre Steuerhinterziehung entdecken sollte, wird es nicht strafverschärfend gewertet, dass Sie keine Steuerhinterziehung abgegeben haben bzw. sich gegen eine solche bewusst entschieden haben.
Wenn Sie jedoch keine Selbstanzeige abgeben, müssen Sie ggf. mit den strafrechtlichen Folgen der Steuerhinterziehung bzw. Steuerstraftat leben. Die Folgen sind:
- Steuernachzahlung
- Bezahlung von Hinterziehungszinsen
- Strafzuschläge
Geldstrafe - Freiheitsstrafe
- Ggf. berufsrechtliche Nachteile (z.B. als Beamter oder Geschäftsführer)
Wenn aber keine Verpflichtung zu einer Selbstanzeige besteht, sollen Sie dann eine Selbstanzeige abgeben?
Die Entscheidung, ob Sie eine Selbstanzeige abgeben wollen, liegt alleine bei Ihnen. Der Weg zur persönlichen Entscheidung, ob Sie dieses tun sollen, wird im Netz kaum bzw. gar nicht behandelt.
Sie haben im Ergebnis immer die Wahl: Entweder Sie geben eine Selbstanzeige ab oder aber warten, bis die Steuerhinterziehungsstraftaten verjährt sind. Hier gilt es jedoch streng zwischen der strafrechtlichen Verjährung (Bestrafung der Straftat „Steuerhinterziehung“ mit Geldstrafe und Freiheitsstrafe) und der steuerrechtlichen Verjährung (Nachzahlung der hinterzogenen Steuern) zu unterscheiden.
Die Entscheidung, ob die Abgabe einer Selbstanzeige einen Sinn für Sie ergibt, kann teilweise nach bestimmten Fallgruppen unterteilt werden:
a) Sie haben kein Geld, die hinterzogenen Steuern nachzuzahlen? – Keine Selbstanzeige sinnvoll!
Damit Sie bei einer Selbstanzeige straffrei ausgehen, müssen Sie auch alle hinterzogenen Steuern nachzahlen. Wenn Sie dieses nicht können, gehen Sie auch nicht straffrei aus. Dann lohnt es sich also in diesem Fall nicht, eine Selbstanzeige abzugeben. Dann können Sie besser hoffen, dass das Finanzamt die Steuerhinterziehung nicht entdeckt und Ihre Straftaten dann verjähren.
b) Ihre Steuerstraftaten sind schon verjährt, nicht aber Nachzahlungspflicht bezüglich der hinterzogenen Steuern.
Wie oben schon angedeutet, verjähren die Steuerstraftaten und die Rückzahlungspflichten bzgl. hinterzogener Steuern unterschiedlich. Steuerstraftaten verjähren grundsätzlich innerhalb von 5 Jahren. Steuerrückzahlungspflichten jedoch bis zu 13 Jahren (inklusive Anlaufhemmung). Der Vorteil einer Selbstanzeige ist, dass Sie straffrei, also ohne Geldstrafe und ohne Freiheitsstrafe, ausgehen. Wenn die Steuerstraftat aber schon verjährt ist, dann können Sie entspannt das Risiko eingehen, dass das Finanzamt Ihre Steuerhinterziehung doch noch entdeckt. Wenn dieses passiert, dann müssen Sie nur die hinterzogenen Steuern mit Zinsen und ggf. Strafzuschlägen nachzahlen. Eine Geldstrafe und Freiheitsstrafe sind nicht mehr möglich. In diesem Fall bringt Ihnen eine strafbefreiende Selbstanzeige also keinen Vorteil mehr. Daher könnten Sie dann hier (entspannt) das Risiko eingehen, die Rückzahlungsverpflichtung an das Finanzamt auch verjähren zu lassen. Wenn Sie in dieser Situation eine Selbstanzeige abgeben, müssen Sie auch genauso die hinterzogenen Steuern inklusive Zinsen nachzahlen. Daher ist die Situation gleich. Wenn Sie also abwarten und die Steuerhinterziehung nicht entdeckt wird, können Sie die in der Vergangenheit hinterzogenen Steuern „legal“ behalten.
c) Ihre Steuerhinterziehungstaten verjähren in einem Monat
Wenn jetzt schon feststeht, dass Ihre Steuerhinterziehungstaten z.B. in einer einem Monat endgültig steuerstrafrechtlich verjähren werden, besteht natürlich eine gute Chance, dass das Finanzamt diese Straftaten nicht noch in diesem letzten Monat entdeckt. Dann könnten Sie z.B. das Risiko eingehen, abzuwarten. Dann wären Sie genauso straffrei wie bei einer Selbstanzeige. Sie hätten dann nur den Vorteil, dass bei Nichtentdeckung der Steuerhinterziehung nach der strafrechtlichen Verjährung Sie die Steuern nie an das Finanzamt zurückzahlen müssten. Hier beginnt dann die Risikoabwägung, ob Sie so kurz vor der Verjährung noch eine Selbstanzeige in Ihren Augen Sinn macht. Bei der Risikoabschätzung kann Ihnen die Kanzlei Dierkes unterstützen.
– Unterscheidung zwischen Entdeckungsrisiko und Festsetzungsrisiko
Die Beurteilung, ob die Abgabe einer Selbstanzeige für Sie einen Sinn ergibt, ist immer Risikoabwägung. Diese Risikoabwägung unterteilt sich in das sog. Entdeckungsrisiko und das sog. Festsetzungsrisiko. Beide Risiken sind streng zu unterscheiden:
Entdeckungsrisiko
Entdeckungsrisiko ist das Risiko, dass das Finanzamt Kenntnis von dem Sachverhalt (nur die Tatsachen) einer Steuerhinterziehung erlangt.
Beispiel:
Das Finanzamt bekommt eine anonyme Anzeige von einem Wettbewerber, dass Sie häufig schwarz arbeiten und belegt dieses mit Fotos und Barquittungen, welche Sie ausgestellt haben. Das Entdeckungsrisiko auf ist hier wohl bei 100% anzusiedeln. Hier sollte unbedingt eine Selbstanzeige in Betracht gezogen werden.
Festsetzungsrisiko
Nur weil die grundsätzlichen Tatsachen einer Steuerhinterziehung bekannt sind heisst das nicht, dass es schließlich zu einer nachträglichen Festsetzung von Steuern kommt.
Beispiel:
Eine Bank hatte damals an den sog. Cum-Ex-Geschäften teilgenommen. Viele Finanzbeamte kannten alle Tatsachen, waren aber nicht in der Lage, die richtige Rechtsfolgen aus den bekannten Tatsachen zu ziehen. Daher wurden viele Steuern nicht festgesetzt.
d) Sie sind bereits vorbestraft
Wenn Sie bereits einschlägig vorbestraft sind und sich eine weitere Verurteilung auf ihren weiteren Werdegang (beruflich und/oder privat) negativ auswirken würde, wäre es wohl eher zu raten, eine Selbstanzeige durchzuführen, um eine weitere Risikorealisierung auszuschließen.
e) Sie haben die Steuerhinterziehung mit mehreren begangen und werden jetzt von einem Mitttäter erpresst
Die Kanzlei Dierkes hattes es häufiger schon in der Praxis erlebt, dass ein ehemaliger Geschäftspartner damit drohte, interne Informationen über gemeinsame Steuerhinterziehungen gegenüber dem Finanzamt auszuplaudern. In Abhängigkeit von der Höhe der Steuerhinterziehung sollte auch hier wohl eher zu einer Selbstanzeige tendiert werden, um sich nicht erpressbar zu machen. Ausnahme wäre, wenn man hier noch kurz wegen anstehender Verjährung auf Zeit spielen würde bzw. könnte.
e) Höhe der Steuerhinterziehung gering
Wenn Sie noch nicht einschlägig vorbestraft sind und die von Ihnen begangene Steuerhinterziehung bestimmte Beträge nicht übersteigt, wird ein Strafverfahren bei Ersttätern meist eingestellt. Die Einstellung kann gegen Geldauflage oder ohne Geldauflage geschehen. Bei einer Einstellung des Verfahrens ist man auf jeden Fall nicht vorbestraft.
Wenn also absehbar ist, dass selbst bei Aufdeckung ein Strafverfahren sowieso eingestellt werden würde, lohnt sich eine Selbstanzeige tendenziell weniger.
4. Fazit
Wenn Sie zu der Entscheidung gelangt sind, dass Sie eine Selbstanzeige abgeben möchten, sollte dieses immer in Form der Korrektur einer Steuererklärung abgegeben werden. Wenn z.B. die Rechtsmaterie sehr komplex ist, kann man dann argumentieren, dass Sie das Steuerrecht leider nicht verstanden haben und daher eine falsche Steuererklärung abgegeben haben. Bei einer solchen Argumentation wäre eine vorsätzliche Steuerhinterziehung (hoffentlich) vom Tisch.
Wie Sie oben erkennen können gibt es Punkte für und gegen eine strafbefreiende Selbstanzeige. Eine schnelle und pauschale Aussage ist leider nicht immer möglich. Es sollten alle Argumente sorgfältig unter Berücksichtigung des wahrscheinlichen Entdeckungsrisikos und Festsetzungsrisikos abgewogen werden. Um bei diesem Abwägungsprozess zum besten Ergebnis zu kommen, wird eine umfangreiche Rechterfahrung und Praxiserfahrung benötigt, welche Sie meist nicht haben. Bei diesem Abwägungsprozess unterstützt Sie die Kanzlei Dierkes als Spezialkanzlei für Steuerhinterziehung jederzeit gerne.
Für Fragen zu diesem Thema kontaktieren Sie uns.
Ihre
Kanzlei Dierkes
RECHT erfolgreich und kompetent in Sachen Steuerhinterziehung beraten werden